Früher war ein „Test“ in der Schule etwas, wovor man Angst hatte. Aber aus anderen Gründen. Weil man mit dem Stoff-Lernen nicht hinterher gekommen war. Weil man seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Weil Mathe einfach doof ist. Oder Deutsch. Oder Bio. Wenn ich mir heute vorstelle, ein Jugendlicher, oder eine Jugendliche, sagt zu ihren Eltern: Ihr, ich habe heute einen Test in der Schule, dann muss man erst einmal nachfragen, was gemeint ist. Obwohl – noch so ein Paradoxon – die Schüler:in geht vielleicht sogar gerne zur Schule und ist froh, dass es diese Tests gibt. Weil – danach kann man endlich seine Freunde treffen.
Mittlerweile stehen ja überall diese Testzentren. Wenn ich vor gut einem Jahr jemanden gesagt hätte, Du, ich gehe jetzt einen Kaffee trinken, kommst Du mit ? Dann lautet heute die Antwort: gerne, in welches Testzentrum ? Die Bedienungen, die mich früher abkassiert haben, popeln mir heute in der Nase herum. Meinen Kaffee trinke ich im Anschluss lieber woanders. Im Mehrwegbecher im Stehen, oder auf der Parkbank. Ja, ja, sie haben uns gewarnt. Jetzt kommen bald überall diese „Corona-Komödien“. Und auch dieser Text ist nicht frei von Ironie oder Satire. Wenn es denn etwas zu lachen gibt. Also für mich, ich kann hier nur für mich sprechen. Meistens ist mir dieser Tage nicht so zum Lachen zu Mute.
Deutsche Variante
Zuviel ist passiert. Oder eben nicht passiert. Zum Beispiel das Impfen. Das ist eher nicht passiert. Soll schon noch kommen, hört man. Bis zum Sommer. Oder im Sommer. Oder gegen Ende des Sommers. Der Frühling ist in diesem Jahr natürlich auch nicht passiert. Bis auf zwei Tage im Februar. Und Pfingstmontag. Der war auch ganz schön. Wir haben dann gleich einen Ausflug gemacht, nach dem Motto „Das war der Sommer 2021“. Weil: das mit dem Urlaub steht ja auch schon wieder auf der Kippe. Nicht auf der Kippe steht das Rauchen. Ich zünde mir jetzt ab und an mal wieder eine an: auf dem Balkon. Bleibt ja nicht so viel an Vergnügen. Und irgendwo lag da noch ein Päckchen Tabak herum. Vom letzten Sommer. Der auch schon nicht passiert war. Ich will nicht jammern. Und auch nicht meckern. Es gibt nichts zu jammern. Ich bekomme mein Geld. In Indien grassiert die „indische Variante“. Hier in Deutschland: das deutsche Original: Die Bürokratie, die Phantasielosigkeit, die Regelwut, die deutsche Gründlichkeit. Als könne man das Virus durch Vorschriften einhegen. Eigentlich auch wieder ein lustiger Gedanke: Vielleicht zieht sich das Virus irgendwann aus Angst vor Paragraphen von selbst zurück. Wär schön.
Die Masken fallen
Neulich hatte ich einen Gedanken: das Virus lässt uns alle nackt voreinander dastehen. Es ist der große „Wahrmacher“. Alles, was nicht aus Liebe besteht, sägt es um. Wenn wir also am Ende der Pandemie (und es naht, das Ende !), nicht nackig voreinander stehen, dann haben wir etwas falsch gemacht. Dann sind wir nur wieder in die alten Angstbewältigungsstrategien zurück gekehrt. Dann hat sich jede/r wieder nur in seine eigene, kleine Kapsel zurück gezogen. Von wo aus er oder sie den oder die andere(n) mit Matsch bewirft. Oder eben leider nicht. Netflix ist einfach zu verlockend. Mir gefällt dieses Bild: Eine Gruppe von Entscheider:innen in einem meeting: alle nackt. Und alle sagen sich mal, was sie wirklich voneinander halten. Es wäre doch schön, sich mal wieder richtig zu streiten. So in echt, jetzt. Welche Gruppe das überlebt, die würde dann ehrlich innovativ. Das, glaube ich, möchte das Virus von uns. Wir können es ja mal testen.