Martin mit Schwimmweste auf historischem Ewer

Eine Ewerfahrt

Wir kommen zeitig weg und sind rechtzeitig zur Führung im Rieck Haus (Freilichtmuseum in Hamburg-Bergedorf). Das ist ein Ensemble eines alten Bauerngehöfts mit Backhaus, Getreibegaben-Depot und einer Mini-Windmühle, mit welcher man die Felder zu entwässern pflegte. Hier im Überflutungsgebiet der Elbe hat man in vergangenen Jahrhunderten sehr viel Fantasie und und Arbeit aufgebracht, den eigentlich sehr fruchtbaren, aber auch gefährdeten Boden zu bestellen. Dies geschah naturgemäß ohne künstliche Energie, nur mit Handkraft, Wind und mit der Hilfe von Pferden. Man war dabei so erfolgreich, dass man angebautes Gemüse bis nach Hamburg verkaufen konnte. Dies alles erzählt uns ein „Ernst“, ein gar nicht ernster, sondern lustiger, kluger, alteingesessener Ur-Bergedorfer bei unserer gebuchten Führung. Er hat einiges von diesen alten Bräuchen als Kind nach dem Krieg noch selbst erlebt. Wir, die Gruppe, deren Leitung er übernommen hat, sitzen um einen alten, langen, rechteckigen Tisch, der „den dreißigjährigen Krieg noch überlebt hat“. Man hat uns Tee und Kaffee hingestellt, Beides gibt es normalerweise erst nach Abschluss der gesamten Runde, die von Bergedorf mit Führung durchs Schloss, Ewer-Fahrt auf der Dover Elbe bis zum Rieck Haus vier Stunden dauern soll. Wir machen die Reise in die andere Richtung und fangen mit dem Kaffee an. Es ist unser erster, richtiger Ausflug in diesen Ferien, die wir in diesem Jahr mehr oder weniger vor der Haustür verbringen wollen. Wenn Deutschland als „vor der Haustür“ durchgeht. Die Temperaturen passen, das Wetter ist schön, und obwohl es erstrebenswert wäre, hier mit dem Fahrrad anzureisen, nehmen wir von Lüneburg aus das Auto, was ca. 45 Minuten über die Autobahn benötigt.

Schleusenanwärter

Nachdem wir nochmal alle auf dem Lokus mit dem schönen Namen „Tante Meier“ waren, werden wir von einem Mitarbeiter des Freilichtmuseums zum Nachbau eines Ewer-Schiffes geleitet, wie es jahrhundertelang als Transportboot diente. Das Anbringen der selbstaufblasbaren Schwimmwesten sorgt für Erheiterung, aber schließlich haben wir es alle geschafft. Wir sind eine circa acht frau,- und mannstarke Mannschaft, plus ein Kind. Obwohl der Ewer traditionell gestakt, getreidelt oder gesegelt wird, hat unser Exemplar einen gar nicht mal so lauten Diesel in Gebrauch. Neben der Mannschaft gibt es einen Kapitän und einen Matrosen. Der Kapitän trägt Vollbart, der Matrose Mütze und Pferdeschwanz. In gemächlichem Tempo geht es los. Die Uferböschungen, samt ihren Anbauten, Stegen, Häuschen und Villen, samt einer Werft, einer Schleusenanlage, einer Autobahn und Sonnenbadenden gleiten an uns vorbei. Die Fahrt dauert ca. 1 Stunde, inklusive einer kurzen Liegezeit. Die wird benötigt, um die Ampel der Schleuse auf grün springen zu lassen.  Währenddessen werden wir verfolgt und von den Insassen – eine Runde aus vier Männern mit Sonnenbrillen – eines kleinen Sportbootes befragt. Sie wollen wissen, ob sie sich bei der anstehenden Schleusenfahrt zu uns gesellen dürfen und, wenn ja, in welcher Reihenfolge. Natürlich wollen sie zuerst, was unser Kapitän aber ablehnt. Die Schleuse füllt sich weitere 45 Zentimeter hoch mit Wasser, wie unser Käpt’n zu berichten weiß. Das geht schneller als erwartet.

“Drama” mit Drachenboot

Als sich die Schleusentoore wieder öffnen befinden wir uns schon fast in Bergedorf, nur eine 2,5 Kilometer lange “Ewerautobahn”, an deren Rändern sich Neubausiedlungen emporheben, will noch abgefahren werden. Doch halt ! Kurz vor Einfahrt in das Hafenbecken betätigt unser Kapitän sein Nebelhorn. Ein dumpfer, durchdringender Klang hallt von den Häuserschluchten wider und wir stoppen die Fahrt. Kurz vor uns, in Sichtweite, starten zwei Drachenboote, voll mit Menschen, die um die Wette fahren. Denen wollen wir nicht in die Quere kommen. Als auch das geschafft ist werden wir von winkenden Leuten, Jahrmarktsmusik, Crêpe-Duft und großem Halli-Hallo empfangen, denn in Bergedorf ist Stadtfest. Rund um den Hafen sind Buden aufgebaut und der Jubel und Trubel gilt nicht unbedingt uns, obwohl die Einfahrt eines historischen Ewers durchaus Aufmerksamkeit und vielleicht auch ein bisschen Neid bei den Barkassen-Touristen hervorruft.

Mühle und Kirche

Nachdem unsere Truppe-Gruppe ausgestiegen ist (Achtung auf den Spalt zwischen Bordsteinkante und rettendem Ufer), versammeln wir uns neu. Wir verabschieden und bedanken uns bei unseren Schiffsführern und begrüßen unsere neue Führerin, die dritte und letzte auf unserer Reise, eine Historikerin. Sie ist in den Menschenansammlungen gut auszumachen, denn sie trägt ein knall-orangenes T-Shirt. Außerdem hat sie Informationsmaterial in den Händen, in welches wir gleich Einblick nehmen dürfen. Sie erzählt über Geschichte und Entwicklung von Bergedorf, seinem Reichtum in früheren Zeiten, der auch vom Betrieb einer großen Mühle im Ortskern herrührte. Die Bauern mussten, ob sie wollten oder nicht, ihr Korn dort mahlen. Dafür wurden Abgaben fällig. Die machten den Müller nicht gerade zu einem beliebten Menschen. Weiter geht es jetzt zur Bergedorfer Kirche, welche, wie innen unter anderem durch zahlreiche, aufgehängte Gemälde zu erkennen, den Eindruck des Reichtums verifiziert. Ausserdem haben sich die Bergedorfer den Luxus geleistet, ihren Kirchturm, nicht wie in diesen Zeiten und Orten üblich extern zu installieren, sondern „anzuheften“, ans Kirchenschiff.

Schluß im Schloß

Das Besondere nun am Bergedorfer Schloss ist sein Bestehen aus Backstein. Typische Renaissance-Giebel zieren die Südwest-Flanke, mit Blick auf den doppelten. Hier stand im Mittelalter noch eine ganz simpel konstruierte Burg, mit Wällen, Palisaden, Gräben und einem einzelnen Turm. Vor Erfindung des Backsteins konnte man – anders als in Süddeutschland – keine geschlossenen Schlösser bauen. Es gab nur wenige Feldsteine, Findlinge und natürlich jede Menge Holz, hier in Form des Sachsenwaldes quasi vor der Haustür. Der Holzbedarf reichte bis nach Lüneburg mit seiner gefräßigen Saline. Holz war das Öl des Mittelalters. Und es wurden auch schon Kriege um diesen Rohstoff geführt. Im Falle Bergedorfs war dies ein Krieg gegen die Übermacht von 4000 Söldnern, die, von den verbündeten Hansestädten Hamburg und Lübeck finanziert wurden, um sich mit Gewalt einen Zugang zu dem wertvollen Sachsenwald zu beschaffen. Erfolgreich, wie man leider konstatieren musste. Man bezichtigte die Bergedorfer des „Raubrittertums“, um einen Vorwand zu haben, sie zu überfallen.

Schlager und Folter

Da das Schloss wegen Renovierungsarbeiten im oberen Stockwerk nur teilweise zu besichtigen war, wird uns diese Historie während des Aufenthaltes in den Kellergewölben und Wehrgängen erzählt. Diese sind sehr niedrig, wie eine Beule an meinem Kopf berichtet. Nach kurzem Aufenthalt in einer Art „Waffenkammer“, gab es neben Spießen, Schwertern, Hellebarden, auch allerlei „Folterinstrumente“ zu besichtigen. Das versetzte das Gemüt unseres Gruppen-Kindes allerdings nicht in Angst und Schrecken, sondern eher in eine Art freudig-nervöser Aufregung. Anschließend gelangten wir durch einige halsbrecherische Treppenstufen wieder in den Eingangsbereich des Schlosses. Ein Bummel durch den Schlossgarten, der allerdings durch herumliegenden Müll und „Rummel“ einer Schlagerkapelle in seinem Vergnügen eingeschränkt wurde, rundet unseren touristischen Vormittag ab. Wir haben es sehr genossen und wir haben viel dabei gelernt. Und weitere Inspirationen erhalten darüber, was es quasi direkt vor unserer Haustür so alles zu entdecken gibt. Da ist noch viel mehr.

Ankündigung Kap-Horn-Abend auf instagram

Wie ich Kap Horn umsegelte

Am 20. April 2023 habe ich einen Auftritt im One World Kulturzentrum in Reinstorf bei Lüneburg. Ich umsegele an diesem Abend Kap Horn. Und zwar in einer Viermastbark im Jahre 1911. Ich bin der Leichtmatrose Robert, der Kapitän Clauß, der Matrose Wilhelm Franke, der an Bord in vielen Stürmen Leben rettet und so Ziehharmonika spielt, dass die Todgeweihten Matrosen ihre Sorgen und Erschöpfung vergessen. Ich singe mit Buby Twesten, einem Accordionisten, Seemannlieder und lausche gebannt den Familiengeschichten der Minne Nolze, der Tochter von Robert Clauß, der diesen Augenzeugenbericht 60 Jahre nach der denkwürdigen  Umsegelung verfasst hat. Die Bark hieß Renne Rickmers und hatte vier Masten. Robert Clauß hat seine Familie immer dorthin bestellt, wo er gerade an Land ging, teils Abenteuer, teils Belastung für Frau und Kinder. In der Pause leutet ein Zuschauerkind an einer Schiffsglocke – diese ist im Besitz von Jens Thomsen, des Impresario (so würde die schon öfters in diesem Blog erwähnte „Tante Edith“ sagen) des One World Reinstorf. Er war es auch, der mir 7 Wochen zuvor an einem Sonntag um kurz nach sieben Uhr über facebook eine Nachricht sendete: hast Du Lust mit mir diesen Text zu lesen, in der Reihe „Unsere Geschichten“?  Jens Vater, der in Hamburger Seemannskneipen verkehrte, hatte einige Jahre zuvor diesen Bericht von einem anderen Kapitän, der auch Mitglied der „Kap Horniers“ (der Vereinigung der Seefahrer, die Kap Horn umrundet haben) war, geschenkt bekommen. Beim Ausmisten gefunden, war er nun begierig eine Live-Veranstaltung zu kreieren, die dem gar nicht mal so trockenen Text, Leben einhaucht und eine längst untergegangene Ära wieder auferstehen lässt. Es ist ihm gelungen.

Mit an Bord war eben jene Kapitäns-Tochter Minne Nolze, die nach der zweistündigen Lesung schier unaufhaltbar ihre Geschichten preis gab. Eine Form der „mündlichen Überlieferung“, wie sie Jens Thomsen, der eine Kindheit in Ghana verlebte, auch hier und jetzt wieder auferstehen lassen möchte. Als Schauspieler denke ich sofort: ja, das ist der Ursprung von Theater: wir erzählen uns Geschichten. Wir lauschen gebannt. Das kann man in Reinstorf hervorragend. Die weichen Ledersessel oder die Bänke am Rand des großen Tanzsaales laden zum Verweilen ein, man genießt ein Dachs-Bier, der örtlichen Brauerei, und lässt sich von der Lichtbilder (ja, es sind alte Schwarz-Weiß-Fotos!)-Präsentation alter Segelschiffe und Stürme vor Kap Horn beeindrucken, die Jens Thomsen extra für diesen Abend zusammengestellt hat. Die Bilder wurde ihm auch von der Vereinigung der Kap Horniers zur Verfügung gestellt, sie waren auch schon mal Teil eines Blogs. In disem Artikel könnt ihr die ganze Geschichte nachlesen.

https://nanareloadednet.wordpress.com/2017/03/12/kap_horn/

Am Abend des 20. April 2023 kommen circa 30 Leute ins Kulturzentrum. Teils sind sie schon 1 Stunde vorher da, um in der Gastronomie einen neuseeländischen Pie zu genießen, oder was die hervorragende Küche an diesem Tag sonst so gezaubert hat. Der Abend beginnt mit einem Einspieler. Neben Geräuschen eines Hochsee-Sturmes sehen wir einen alten Schwarz-Weiß-Film mit Aufnahmen eines Segelschiffes im Sturm, unter widrigsten Umständen gefilmt. Alles auf der großen Leinwand hinter der Bühne des Saales. Als die Geräusche verblassen, kommt unser Auftritt: Wir lesen mit Headsets, weil der Raum doch ziemlich groß ist, und die Leute recht verteilt sitzen. Das klappt sehr gut. Was uns vorwärts treibt, schon bei den Proben, ist die Hochspannung während der „52 Tage an See“, die sich an Bord hält. Die Lesung vergeht wie im Flug. Keine Flaute. Viele sind begeistert von der Authentizität sowohl des Original-Textes, als auch durch die Direktheit der Sprache Jens Thomsen`s, dessen Geschichte e s ja ursprünglich ist.

Ziehharmonika – nicht nur ein schönes Wort

Aufgelockert wird schon während des Textes, als von Wilhelm Franke als Ziehharmonika-Vortragendem die Rede ist, der Abend durch den plattdeutschen Sänger Buby Twesten, der nicht nur „La Paloma“ zum Besten gibt. Nach der Pause dauert es eine Weile, bis wieder „Ruhe an Bord“ ist. Einige haben sich noch etwas zu Essen bestellt, und die „Kombüse“ arbeitet auf Hochtouren, um pünktlich allen Bestellungen gerecht zu werden. Es werden Fotos geschossen, unter anderem hat Minne Nolze eine Fahne mitgebracht: die der Vereinigung der „Kap Horniers“. Diese ziert u.a. eine Möwe, derern „freier Flug“ allerdings von der Zange der Seefahrer „bezwungen“ wurde. Highlight der Requisite sind an diesem Abend die Original-Seestiefel des Capitän Claus, die Jens Thomsen auf einem kleinen Tisch mit Extra-Scheinwerfer auf der Bühne postiert hat. Die Stiefel waren zu Ausscheiden des Capitän Clauß wohl schon 60 Jahre alt und haben dann noch seit 1973 im Keller gestanden. Die Über-Knie-Schaftstiefel haben diese lange Zeit hervorragend überstanden. Jeder möchte ein Fotos davon. Nach Minne Nolze`s überborderndem Frage und Antwort-Spiel beenden wir das Erlebte mit Applaus und einem weiteren Getränk. In die Spenden-Box ist diesmal nicht soviel geworfen worden, aber „Eintritt frei“ nehmen viele Menschen gerne wörtlich, was in Zeiten von hoher Inflation aber verständlich ist.

Alles in Allem bin ich sehr froh, Teil dieses schönen Projektes und der Reihe „Unsere Geschichten“ gewesen zu sein. Ich wünsche Jens Thomsen, dem One World Reinstorf und der Reihe „Unsere Geschichten“ alles Gute und eine wachsende Zahl an Zuschauenden.

P.S. Die Fotos in diesem Blogartikel stammen von Inga Auch-Johannes.

Regenbogen Blitz

Der Regenbogenblitz
“Regenbogenblitz” hier hören

Der Regenbogen schlägt wie ein Blitz genau neben dem Strommast in das Feld ein. Wie eine Energie, die direkt aus dem Himmel kommt. Er verschönert das herbstliche Feld. Es ist Ende August, aber der Herbst “übt schon mal”.

Ski Heil !

Wanderbank
Ski Heil hier hören

Halli Hallo,

diese Skier stehen bei Südergellersen, das ist ein kleiner Ort nahe Amelinghausen, in der Lüneburger Heide. So etwas findet man, wenn man in der Heide wandert, oder spaziert. Diese herrliche Wanderbank befindet sich nahe des “Bürgerwaldes”. Man findet sie, wenn man den Ort auf dem “Flurlehrpfad” umrundet. Dazu muss man sich aber erst einmal auf den Weg machen. Wenn “Corona” ist, und ich deswegen zuhause Urlaub mache, dann finde ich solche Perlen. Vielleicht besorge ich mir gleich noch ne Flasche Almdudler dazu, oder ?

https://www.geolife.de/inhaltsverzeichnis/details/poi-2000004-8000-Flurlehrpfad_Suedergellersen.html