Ein Kürbiskernbrötchen mit seltsamer Form

Privater Klimaschutz

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Eigentlich wollte ich heute morgen nur mal eben zum Brötchen holen. Mit dem Auto am liebsten. Nicht weit genug, eigentlich. Aber mit dem Fahrrad, bei diesen Temperaturen, und dem Wind. Das Fahrrad habe ich mir 2019 noch gekauft. Mein Altes war eigentlich noch gut, aber nicht mehr ganz sicher, hat der Mann in der Radstation gesagt. Also habe ich es verschenkt. Ich hatte ja noch das andere Rad, welches ich von meinem Vater erbte. Also habe ich mir ein Neues gekauft. Kurz bevor das mit der Krise losging. Eigentlich war auch das Ritzel hinten noch ganz gut, aber vorsichtshalber sollte man es austauschen, hat ein anderer Mann bei der Inspektion gesagt. So bin ich – nach einem Jahr – wieder bei dem Preis gelandet, den das Fahrrad eigentlich gekostet hätte, wäre es nicht “ein Schnäppchen” gewesen.

Elektronik

Genau wie meine Wetterjacke. Als hätte ich es geahnt. Eigentlich ist “outdoor” ja ganz gut, aber die Jacke selbst ist bestimmt weder fair noch klimafreundlich produziert. Ich trage sie trotzdem. Soll ja jeder sehen, dass ich ein Naturverbundener bin. Eigentlich war ich das immer. Ich habe von Anfang an “grün” gewählt. Seit ich wählen durfte. Okay, damit habe ich auch die Bundeswehreinsätze in Ex-Jugoslawien mit verantwortet. Aber das ist eigentlich ein ganz anderes Thema. In den letzten Jahren hat man mein “Grün-Sein” nicht so gemerkt. Ich wollte eigentlich nur meinen Job machen und zwar regelmäßig. Ich bin im Kunstbereich tätig. Ich bin im Hamsterrad. Weil ich nämlich in einem “Überschussberuf” arbeite. Das heißt: zuviele Menschen wollen im Kunstbereich tätig sein. Da muss man sich anstrengen. Dass man mithält. Vor allem, dass man immer erreichbar ist. 1999 hatte ich mein erstes Handy. Dann noch eines. Mittlerweile habe ich mein viertes smartphone – seit 2010. Die Dinger werden halt immer besser. Können mehr von Jahr zu Jahr. Als ich angefangen habe, haben meine Kommilitonen und ich darüber gestritten, ob man seine Seele verkauft, wenn man sich einen analogen Anrufbeantworter anschafft. Allen Ernstes. Das Gleiche dann nochmal zum Thema “Fax”. Ich hatte alles: erst einen AB, dan ein Fax, dann Laptop und Drucker. Jetzt brauche ich eigentlich keinen Drucker mehr. Es wird immer weniger nötig, etwas auszudrucken. Aber ich habe das Ding nun mal.

Eiertanz

Eigentlich wollte ich mal was: die Welt verändern. Das war so 1982. Da war ich einer der Ersten, die sich “biologische Schuhe” gekauft haben, wo die Zehen vorne so Platz hatten. Entgegen dem Zeitgeist: “New Wave” verlangte spitze Schuhe. Die hatte ich eigentlich auch. “Creepers” aus England. Mit dicker Kreppsohle: Eigentlich brauche ich nicht so viele Schuhe. Aber seit den Achtzigern liebe ich es, eine Auswahl zu haben. Je nach Laune (” I just drive a different car everyday – depending on how I feel” – ach ja, Tom Waits). Damals war es äußerst wichtig die richtigen Schuhe zu tragen. Damit zeigte man Gesinnung. Und weil man in den 80ern Hedonist und ein Opfer der Popkultur war, änderte die sich alle zwei, drei Jahre. Erst Hippie, dann Punk, dann New Wave. Dann Rock-a-billy. Alle hatten ihre Schuhe. Zunächst war ich in der Kirche engagiert. Wir sind jedes Jahr ins Zeltlager gefahren. Eigentlich hätte es gereicht, dass ich mit den Eltern unterwegs war: Mit dem VW-Käfer ins europäische Ausland. Aber ich musste dann noch alleine. Nach Frankreich. Mit dem Auto. Diesmal mein eigener Kadett. Einmal, zweimal, dreimal. Später mit dem Corsa. Eigentlich habe ich Flugangst. Aber ich habe sie überwunden. Für ein “Peacecamp” in New York, so eine Art Friedenseinsatz. Eigentlich hätte mir New York als Amerika-Kennenlernen gereicht, aber ich wollte nochmal nach Kalifornien. Da kommt man nur mit dem Flugzeug hin. Meine jetzige Frau und ich, wir hatten anfangs weniger Geld und kannten uns nicht so gut. Also entschieden wir uns für eine Pauschalreise – mit dem Flieger nach Mallorca. Später nochmal nach Santurin. Griechische Insel. Eigentlich ganz schön da. Ich bin dann lange nicht geflogen. Eigentlich kommt man nach England auch mit der Bahn. Durch den Eurotunnel. Aber ich hatte nur 5 Tage Zeit, meinen Bruder zu besuchen. Da habe ich den Flieger genommen. Nicht direkt. Über Düsseldorf. Da wäre ich notfalls ausgestiegen. Denn eigentlich habe ich ja Flugangst. Im Grunde geht es mir sehr gut. Ich arbeite regelmäßig im Kunstbetrieb. Ich kann zweimal im Jahr in den Urlaub fahren. Eigentlich will ich schon seit Jahren nach Österreich. Aber es wird doch meistens Italien. Eigentlich kommt man da ganz gut mit der Bahn hin: Nachtzug München – Rom. Aber es ist halt weit. So sind wir mehrmals geflogen. Einmal auch mit dem Auto gefahren.

Brötchen holen

Tja – eigentlich wollte ich nur Brötchen holen. Es ist nicht weit, vielleicht zwei Kilometer. Heute Morgen habe ich das Fahrrad genommen. Es hat leicht genieselt. Ich habe sogar einen kleinen Rucksack für die Brötchen dabei. Eigentlich esse ich lieber Bio-Brötchen, aber die Weißen schmecken beim normalen Bäcker einfach besser. Ich nehme also das Rad: leichter Gegenwind, ich bin müde, aber ich kann es mir selber als Frühsport verkaufen. Am Schluss der Strecke geht es leicht, aber stetig bergauf. Eigentlich kein steiler Berg, aber der zieht sich. Ich biege endlich um die Ecke, hinter welcher gleich das Ladenschild erscheint. Ich bin stolz auf mich: “Jede Menge CO2 gespart, heute”. Und da stehen sie alle: die SUV`s. Die Kombis und Jeeps der Nachbarn. Auf dem Bäcker-Parkplatz. Eigentlich wollen sie alle nur mal eben Brötchen holen, denke ich.